Kinderfotos im Netz: Professionelle Kommunikator:innen achten Kinderrechte zu wenig

Wien, 18. November 2022 – PR-Ethik-Rat und Netzwerk Kinderrechte machen anlässlich des „Tages der Kinderrechte“ am 20. November auf das Recht auf Schutz des Privatlebens von Kindern im digitalen Raum aufmerksam – insbesondere im kommerziellen Kontext.

Ein süßes Lächeln mit Zahnlücke, ein Strand-Schnappschuss aus dem Familienurlaub, das begeisterte Kind mit dem neuen Spielzeug: Kinderfotos auf Social Media dienen nicht nur dem Informationsaustausch unter Freund:innen, sie sind – wenn sie von Influencer:innen verwendet werden – auch ein Geschäftsmodell. Der österreichische PR-Ethik-Rat und das Netzwerk Kinderrechte nehmen daher den diesjährigen „Tag der Kinderrechte“ am 20. November zum Anlass, um Sensibilität für den Umgang mit Kinderfotos im Netz insbesondere in einem kommerziellen Kontext zu schaffen. Die rechtliche Grundlage dafür bildet Art. 16 der UN-Kinderrechtskonvention, in dem unter dem Titel „Schutz der Privatsphäre und Ehre“ festgehalten ist: „Kein Kind darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben (…) ausgesetzt werden.“

Wo verläuft überhaupt die Grenze zwischen kommerzieller und nicht-kommerzieller Nutzung von Social Media? Der PR-Ethik-Rat hat dazu im vergangenen Jahr einen Influencer:innen-Check veröffentlicht, anhand dessen Social-Media-User:innen prüfen können, ob sie ihre Postings als Werbung kennzeichnen sollten. Dabei geht es unter anderem um die Sichtbarkeit von Produkten in Postings, die Reichweite einer Person, ihren Bezug zu den Follower:innen und die Form der Gegenleistung.

Kinderfotos zur Steigerung der eigenen Reichweite

Dazu Sabine Einwiller, Vorsitzende des PR-Ethik-Rates: „Selbstverständlich sind nicht nur professionelle Social-Media-Nutzer:innen dazu aufgerufen, Vorsicht beim Posten von Kinderfotos walten zu lassen. Aber besonders in einem werblichen Kontext ist die Verlockung oft groß, Bilder von Minderjährigen für die eigene Reichweite zu nutzen – und sie so letztlich zu monetarisieren. Ob dahinter nun Kalkül steckt oder nur fehlendes Bewusstsein: Professionelle Kommunikator:innen kommen ihrer ethischen Verpflichtung, Kinder im digitalen Raum besonders zu schützen, häufig nicht nach. Das muss sich ändern.“

Keine Zustimmung für ein Bloßstellen von Kindern

Für das Netzwerk Kinderrechte Österreich ist es genauso wichtig, dass unter Eltern, Kindern und Jugendlichen selbst Bewusstsein geschaffen wird: „Die Zustimmung der Eltern allein entbindet nicht von der Prüfung der Verletzung der Interessen gerade von kleinen Kindern. Kinder nicht bloßstellen, sie nicht in peinlichen Situationen zeigen, keine Fotos von nackten Babys veröffentlichen! Das müssen Eltern im Kopf haben, wenn sie Bilder ihrer Kinder posten. Wenn diese Regeln eine Selbstverständlichkeit in einer Familie sind, dann ist das beste Voraussetzung, dass auch bei kommerzieller Nutzung von Social Media nicht über Kinder drübergefahren wird“, zeigt sich Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez vom Netzwerk Kinderrechte überzeugt.

Rechtlicher Rahmen

Insgesamt ist die Veröffentlichung von Kinderfotos – unabhängig von kommerziellen oder nicht-kommerziellen Intentionen – ein rechtlicher Graubereich. Das Recht auf das eigene Bild ist ein sog. höchstpersönliches Recht, Betroffene können also nicht vertreten werden. In der Praxis geben bis zum 14. Lebensjahr häufig Eltern ihre Zustimmung zur Veröffentlichung eines Bildes – ausdrücklich, wenn Dritte involviert sind, oder implizit durch das Posten auf einem eigenen Social-Media-Kanal. Rechtlich ist schließlich die Frage relevant, ob „berechtigte Interessen“ des Kindes durch die Veröffentlichung des Bildes verletzt werden, also etwa der Schutz vor Bloßstellung oder die Nutzung zu Werbezwecken ohne ausdrückliche Zustimmung. In der Praxis gilt freilich: Wo kein Kläger, da kein Richter.

„Gerade ganz kleine Kinder können in der Frage des eigenen Bildes ihre Rechte weder artikulieren noch durchsetzen. Hier sind die Erwachsenen gefragt, um Kinder zu schützen. Denn wir alle wissen mittlerweile: Das Internet vergisst nicht“, so Ethik-Rats-Vorsitzende Sabine Einwiller.


Über den PR-Ethik-Rat

Der Österreichische Ethik-Rat für Public Relations steht für die freiwillige Selbstkontrolle der heimischen PR-Fachleute. Er überwacht die Einhaltung ethischer Grundsätze in der Öffentlichkeitsarbeit, untersucht Streitfälle, zeigt Fehlverhalten und Missstände auf. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt darin, Positionen, Prinzipien und Definitionen ethisch korrekten Verhaltens in der PR auszuarbeiten und zu publizieren. Besonders gilt dies für jene Bereiche, in denen ethische Standards (noch) fehlen oder unklar definiert sind. Der PR-Ethik-Rat wird aufgrund von Beschwerden tätig und greift auch selbst Fälle auf. Dem Rat gehören 12 Mitglieder aus allen Bereichen der Gesellschaft an.

Über das Netzwerk Kinderrechte

Das Netzwerk Kinderrechte Österreich ist ein unabhängiges Netzwerk von 50 Organisationen und Institutionen zur Förderung der Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Österreich. Es setzt sich dabei für die Rechte aller Kinder und Jugendlichen ohne jede Diskriminierung ein.

Rückfragehinweis:

Prof. Dr. Sabine Einwiller, Vorsitzende des PR-Ethik-Rats
E-Mail: office@prethikrat.prethik2.vss.kapper.net
Tel.: +43 664 8355 071

Mag. Elisabeth Schaffelhofer-Garcia Marquez, Koordinatorin des Netzwerks Kinderrechte
E-Mail: elisabeth.schaffelhofer@kinderhabenrechte.at
Tel.: +43 676 88011 1016


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