Kodex des Österreichischen PR-Ethik-Rats für Public Relations, 2. überarbeitete Version, Stand: 1.6.2018.
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Einleitung
Rechtliche und ethische Grundlagen
Kommunikation im digitalen Bereich ist kein rechtsfreier Raum, sondern unterliegt ebenso einer Reglementierung wie jede andere Form der Kommunikation auch. Persönlichkeits- und Freiheitsrechte wie das Recht auf Schutz der Privatsphäre und Meinungsfreiheit gelten auch hier. Auch die medien-, wettbewerbs- und strafrechtlichen Grundsätze, die beispielsweise Ansprüche des Urheberrechts oder Wettbewerbsrechts regeln, bis hin zu strafrechtlichen Bestimmungen, die den Tatbestand der Rufschädigung und andere Rechtsverletzungen normieren, gelten für den Online-Bereich ebenso wie in den klassischen Medienkanälen.
Dort, wo der gesetzliche Rahmen aufhört, beginnt der ethische Diskurs. Hier greifen die Selbstreglementierung der Kommunikationsbranche und die von ihr erarbeiteten Normen. Insofern gelten diese Reglementierungen für alle semi-professionellen und professionellen TeilnehmerInnen der digitalen Wertschöpfungskette. Da sich die Kommunikationsbranche dynamisch weiterentwickelt, muss dies auch für die regulierenden Normen gelten. Der PR-Ethikrat lädt daher alle Markteilnehmer und KommunikatorInnen zu einem regen Diskurs ein.
Prinzipien der Kommunikationsethik in Social Media
Für die Kommunikation in Online- und Social-Media-Kanälen hat der PR-Ethik-Rat acht Grundprinzipien erarbeitet:
- Fairness – Mit kommunikativer Macht sorgsam umgehen.
- Respekt – Die Persönlichkeit und die Meinungen der NutzerInnen respektieren.
- Verantwortung – Als KommunikatorIn die Verantwortung für den Inhalt einer Aussage über-nehmen.
- Moderation – Klare Richtlinien für den Diskurs vorgeben.
- Klarheit – Regeln und Anleitungen als Orientierungshilfe für MitarbeiterInnen eines Unterneh-mens definieren.
- Transparenz – Die Rolle als KommunikatorIn und die Motivation offenlegen.
- Höflichkeit – Den richtigen Ton finden.
- Privatsphäre – Persönliches als persönlich behandeln, Vertrauliches als vertraulich.
Die vollständige Erläuterung dieser Prinzipien ist in Anhang 1 des Online-Kodex zu finden. Diese acht Prinzipien bilden die grundlegenden Leitlinien für ethisch korrektes Verhalten in Online- und Social-Media-Kanälen. Darauf basierend gelten für den Bereich der professionellen Online-Kommunikation im Bereich der Public Relations und Öffentlichkeitsarbeit die folgenden Normen des Online-Kodex des PR-Ethik-Rats.
Normen des Online-Kodex
1.1. Ziel dieses Kodex ist es, es RezipientInnen zu ermöglichen, Informationen eines Online-Kanals nach Objektivität und möglichen dahinterliegenden Interessen einer dritten Partei einordnen zu können.
1.2. Der Kodex ist eine Handlungsempfehlung dafür, wie Informationen im Online-Bereich, denen kommerzielle Interessen zugrunde liegen, für die RezipientInnen transparent und objektiv gestaltet und damit kommunikationsethisch korrekt vermittelt werden können.
2.1. AdressatInnen dieses Online-Kodex sind Kommunikations- und Marketingverantwortliche in Unternehmen, Organisationen und Institutionen, PR-Dienstleister, Media- und Werbeagenturen, Online- und Digital-Dienstleister und -Agenturen, Online-Publishing-Dienstleister und Vermarkter digitaler Produkte, Online-Medien, Multichannel-Networks und Dienstleister für Blogger/Influencer Relations und Seeding, sowie semi-professionelle und professionelle BloggerInnen, die von Unternehmen für das Publizieren von Inhalten monetär oder nicht-monetär entgolten werden.
2.2. Dieser Kodex gilt auch für Privatpersonen, die im kommerziellen Interesse handeln.
2.3. Veröffentlichung im Sinne dieses Kodex umfasst alles, was in sämtlichen Online-Kanälen publiziert wird.
3.1. Inhalte, denen eine kommerzielle Vereinbarung zugrunde liegt, müssen als bezahlte Veröffentlichung gekennzeichnet sein. Grundsätzlich gilt, dass der werbende Charakter eines Beitrags für die durchschnittlich informierte und situationsadäquat aufmerksame RezipientIn eindeutig und unmissverständlich als solcher erkennbar sein muss. Die angebotenen Kennzeichnungsinstrumente von Social Media-Plattformen müssen dahingehend geprüft werden, ob diese den definierten Standards entsprechen. Ist dies nicht der Fall, ist die alleinige Kennzeichnung durch die angebotenen Instrumente der Social Media-Plattformen nicht ausreichend.
3.2. Unzulässige Schleichwerbung liegt dann vor, wenn für die Darstellung eines Unternehmens, eines Produktes oder einer Dienstleistung in den redaktionellen Teilen der Online-Plattformen ein Platzierungsentgelt bezahlt wird, ohne dass dies für die LeserIn eindeutig erkennbar ist. Gegengeschäfte und Kooperationen, wie Gewinnspiele, fallen ebenfalls unter diese Kennzeichnungspflicht.
3.3. Produkttests müssen als solche gekennzeichnet werden, wenn die Produkte oder Dienstleistungen kostenlos zur Verfügung gestellt wurden. Dies trifft auch zu, wenn dafür keine Gegenleistungen vereinbart wurde und objektive Berichterstattung in der Veröffentlichung erkennbar ist.
3.4. Die Kennzeichnungspflicht betrifft auch Beiträge in Social Media-Kanälen, die auf Werbebeiträge verlinken.
3.5. Koppelungsgeschäfte sind nicht zulässig. Sie liegen dann vor, wenn finanzielle Zuwendungen an eine Online-Plattform von redaktioneller Berichterstattung oder nicht gekennzeichneten Social Media-Interaktionen abhängig gemacht werden – und ebenso auch wenn in umgekehrter Weise Berichterstattung oder nicht gekennzeichnete Social Media-Interaktionen von finanziellen Zuwendungen abhängig gemacht werden.
3.6. Die Verlinkung in Beiträgen auf Inhalte Dritter, wie Affiliate Links, gegen Abgeltung in Form von Gegenleistungen muss gekennzeichnet werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Gegenleistung an die BeitragsverfasserIn finanzieller Natur ist oder als Sachleistung (z.B. die Überlassung von Produkten) erfolgt.
3.7. Beiträge müssen kanalspezifisch und auf den ersten Blick deutlich erkennbar gekennzeichnet werden. Als Kennzeichnung sind nur die Bezeichnungen laut § 26 Mediengesetz zulässig. Diese lauten: „Bezahlte Anzeige“, „Werbung“, „Entgeltliche Einschaltung“. Zusätzlich sollte zur besseren Einordnung der Absender bzw. das zu bewerbende Produkt/Unternehmen/Institution genannt werden.
3.8. Bei der Bereitstellung von Videos, die werbliche Botschaften transportieren, ist darauf zu achten, dass ein für die RezipientIn klar erkennbarer Hinweis auf den werblichen Charakter des Beitrags gegeben ist – und zwar noch vor Öffnen des Videos, auch wenn diese automatisch starten (Auto-Play).
3.9. Bei Produktplatzierungen in Videobeiträgen ist ein entsprechender Hinweis im Beitrag erforderlich. Ist das gesamte Video ausschließlich als werblicher Beitrag zu sehen, dem eine finanzielle Gegenleistung zugrunde liegt, ist das Video für die gesamte Abspieldauer als Werbung zu kennzeichnen.
4.1. Einträge in Social-Media-Kanälen, wie Postings, Foreneinträge, Kommentare und andere Einträge, müssen mit eindeutiger Kennzeichnung der tatsächlichen AbsenderIn (z.B. durch Klarnamen) und ohne Pseudonyme erfolgen. Die AbsenderIn eines Eintrags ist für ihre Einträge verantwortlich und für die RezipientInnen nachvollziehbar.
4.2. Dies gilt auch für Einträge, die im Auftrag Dritter durchgeführt werden. Einträge im Auftrag Dritter werden mit Hinweis auf den eigenen Absender (z.b. Klarnamen) und die AuftraggeberIn durchgeführt. „Verdeckte“ Einträge, die im Auftrag Dritter vorgenommen werden und keinen klaren Hinweis auf die AbsenderIn geben und damit irreführende Interpretationen der Information zulassen, sind abzulehnen.
4.3. Der Transparenz-Grundsatz gilt auch für den Aufbau einer Community auf Social Media-Plattformen. Daher ist es nicht zulässig, gefälschte Profile („Fake Profile“) als Teil der Community anzuführen. Ebenso ist es nicht zulässig, gefälschte Reaktionen („Fake Likes“, „Fake Kommentare“) als tatsächliches Community-Engagement auszugeben.
5.1. Redaktionell gestaltete Inhalte auf Online- oder Social Media-Plattformen folgen journalistischen Grundsätzen (vgl. Ehrenkodex des Österreichischen Presserates). Eine Information muss gewissenhaft recherchiert und durch Check/Gegencheck/Recheck auf ihre Plausibilität überprüft werden, bevor sie veröffentlicht wird. Stellungnahmen von Betroffenen sind einzuholen und im Sinne der Objektivität auch zu veröffentlichen.
5.2. Für die RezipientInnen muss klar erkennbar sein, ob es sich bei einer veröffentlichten Information – sowohl in redaktionellem Umfeld als auch in Social Media-Einträgen – um einen Tatsachenbericht, der Wiedergabe einer Fremdmeinung oder um die Wiedergabe einer persönlichen Meinung handelt.
5.3. Veröffentlichtes Bildmaterial muss mit Hinweis auf die Quelle und im Falle von Bildmontagen auch als Montage gekennzeichnet werden. Bei der Verwendung von Bildmaterial von Dritten ist die Zustimmung der FotografIn einzuholen.
5.4. Bewertungen und Vergleiche von Produkten und Dienstleistungen sind, sofern sie nicht deutlich als bezahlte Werbung gekennzeichnet sind, nach journalistischen und objektiv nachvollziehbaren Kriterien zu verfassen. Wie in Punkt 3.3. genannt, muss bei kostenlos zur Verfügung gestellten Produkten und Dienstleistungen eine Kennzeichnung erfolgen.
6.1. Verhetzung, Diffamierung, Verunglimpfung, Diskriminierung, Herabwürdigung, Pauschalverdächtigungen oder -verunglimpfungen, Verspottung oder unwahre Behauptungen verstoßen gegen ethische Prinzipien und somit gegen diesen Kodex und sind daher klar abzulehnen.
6.2. Auszüge aus Veröffentlichungen Dritter oder Zitate dürfen nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden und sind ebenfalls – analog zu den Zitierregeln – zu kennzeichnen.
6.3. Die Verlinkung und das Teilen von fremden Inhalten ist dann zulässig, wenn diese frei und öffentlich zugänglich sind und nicht als eigener Inhalt dargestellt werden. Dabei ist jedoch der Inhalt auf offensichtliche Rechtswidrigkeiten und Verstöße gegen den vorliegenden Kodex zu prüfen. Liegen offensichtliche Verstöße vor oder wird der/die SetzerIn des Links auf einen Verstoß aufmerksam, so ist die Verlinkung zu entfernen.
6.4. Bild-, Text-, und Ton-Werke, die nicht öffentlich zugänglich sind, dürfen nur veröffentlicht werden, wenn der/die Verbreitende die Verwertungs- oder Nutzungsrechte innehat und den/die UrheberIn ausweist.
7.1. Unternehmen, die selbst Social Media-Plattformen betreiben, stellen damit einen Rahmen für einen öffentlichen Diskurs bereit und sind in der Folge auch für die veröffentlichten Inhalte auf ihrer Plattform verantwortlich.
7.2. Auch wenn die unmittelbare Verantwortung für veröffentlichte Inhalte bei der jeweiligen AbsenderIn liegt, so sind Unternehmen durch die Bereitstellung geeigneter Plattformen für diese Veröffentlichungen mitverantwortlich.
7.3. Dementsprechend sind Unternehmen dafür verantwortlich, Leitlinien („Netiquette“) für den öffentlichen Diskurs auf ihrer Social Media-Plattform festzulegen und zu veröffentlichen. Auch sind Unternehmen gefordert, den öffentlichen Diskurs auf ihren Plattformen zu moderieren. Entscheidungen im Zuge dieser Moderation sollten aus den veröffentlichten Leitlinien des Unternehmens resultieren und damit für UserInnen nachvollziehbar sein.
7.4. Unternehmen sind für die Inhalte ihrer MitarbeiterInnen auf jeden Fall mitverantwortlich, wenn ein Zusammenhang zwischen Absender und Unternehmen (z.B. als Arbeitgeber) hergestellt werden kann.
7.5. Ist dieser Zusammenhang nicht erkennbar, liegt es im Ermessen des Unternehmens, entsprechend des eigenen Wertesystems Mitverantwortung für die Veröffentlichungen seiner Beschäftigten zu übernehmen.
8.1. Beauftragen Unternehmen oder Organisationen Agenturen oder Einzelpersonen mit der Durchführung von Online-PR-Maßnahmen, so gelten sämtliche Verpflichtungen gleichermaßen für AuftraggeberIn und AuftragnehmerIn. Alle Seiten tragen gleichermaßen Verantwortung.
8.2. In der Praxis bedeutet dies, dass AuftraggeberInnen die Aufgaben ihrer AuftragnehmerInnen definieren müssen und die Form der Umsetzung transparent zu sein hat. Es ist nicht zulässig, die Verantwortung für Täuschungsversuche in der Online-Kommunikation in Richtung der AuftragnehmerInnen zu verschieben.
8.3. AuftragnehmerInnen, die auf ihren Unternehmens- oder persönlichen Social Media-Kanälen über Aufträge des/der AuftraggeberIn kommunizieren, müssen die geschäftliche Verbindung klar und eindeutig kennzeichnen.
8.4. Sollte eine Agentur für Kunden verschiedene Social Media-Accounts verwalten, so ist die Nutzung dieser Accounts für Reaktionen und Kommentare zur Reichweitensteigerung einzelner Kunden-Accounts nur dann zulässig, wenn die Kunden über diese Vorgehensweise informiert sind, dem im Einzelfall zugestimmt haben und auch eine inhaltliche Nähe plausibel ist. Das Verkaufen von Reichweite durch den Einsatz verwalteter dritter Accounts ist abzulehnen.
Anhang 1: Prinzipien der Kommunikationsethik in Social Media
Grundlage für diesen Online-Kodex sind die im PR-Ethik-Rat definierten Grundprinzipien zum Umgang mit Social Media-Kanälen. Als neutrales Gremium zur Bewertung von Kommunikationsmaßnahmen im Rahmen der Public Relations ist der PR-Ethik-Rat häufig mit Beschwerden zu Veröffentlichungen im Online-Bereich konfrontiert. In vielen Fällen handelt es sich dabei um Fragen zur Unterscheidung zwischen bezahlten Veröffentlichungen und redaktioneller Berichterstattung, zu Kommentaren und Meinungsäußerungen in Online-Kanälen ohne Erkennbarkeit des Absenders und um die Definition der Verantwortung von Unternehmen und Agenturen im Zusammenhang mit dem öffentlichen Diskurs auf Online-Plattformen.
Dazu hat der PR-Ethik-Rat im Zeitraum von 2012 bis 2014 die zu diesem Zeitpunkt verfügbaren Regularien im Online-Bereich analysiert und in einem mehrstufigen Prozess sowie in Zusammenarbeit mit Branchenexperten acht Grundprinzipien für Kommunikationsaktivitäten im Online- und Social Media-Bereich erarbeitet. Diese Empfehlungen sollen Unternehmen, Agenturen, Content-Produzenten und allen weiteren Teilnehmern der Online-Wertschöpfungskette als Anhaltspunkte dienen, welche Ansprüche an professionelle und kommunikationsethisch korrekte Online-Maßnahmen zu stellen sind und welche Verantwortung gegenüber dem Rezipienten damit verbunden ist.
Diese acht Grundprinzipien bilden die Basis für den Online-Kodex des PR-Ethik-Rats:
Menschen, die als KonsumentInnen oder BürgerInnen ihre Meinung ausdrücken wollen, haben mit den sozialen Netzwerken ungeahnte Chancen erhalten. Ihre kommunikative Kraft ist markant gewachsen. Alle KommunikatorInnen – Unternehmen und Organisationen wie auch KonsumentInnen oder BürgerInnen – sind in der Pflicht, mit dieser Macht sorgsam umzugehen und sie keinesfalls missbräuchlich einzusetzen bzw. anderen damit zu schaden. Angriffe oder emotionale Äußerungen können rasch eine Dynamik ungeahnten Ausmaßes lostreten und sich zu einem „Shitstorm“ entwickeln. Für alle gilt daher gleichermaßen: „Think before you post!“
Menschen treffen Aussagen und setzen Handlungen in Übereinstimmung mit ihrem eigenen Wertesystem in ihrem jeweiligen Umfeld – auch in sozialen Netzwerken. Das ist zu respektieren. Es bedeutet auch, dass andere NutzerInnen diese Aussagen nicht für andere Interessen bzw. ihre eigenen Interessen missbrauchen dürfen. Zitate sollten nicht aus ihrem Zusammenhang gerissen werden, und die NutzerInnen mit ihren Botschaften und Meinungen nicht für andere Anliegen instrumentalisiert werden. Ebenso dürfen Daten ausschließlich für jene Zwecke verwendet werden, die dem oder der NutzerIn ursprünglich vermittelt wurden. Für den Schutz seiner eigenen Privatsphäre trägt jedoch jede und jeder selbst Verantwortung.
Die Verantwortung für die Dynamik in den sozialen Netzwerken verteilt sich jedoch auf alle, die daran mitwirken. Die uneingeschränkte Verantwortung für Aussagen liegt beim Kommunikator. Eine Mitverantwortung für die Dynamik der Diskussion in den sozialen Netzwerken tragen aber auch jene NutzerInnen, die Aussagen wiedergeben. Somit gilt neben „Think before you post“ auch „Think before you share“.
Unternehmen und Organisationen mit einem eigenen Auftritt in sozialen Netzwerken sind gefordert, den Meinungsaustausch in diesen Kommunikationsräumen (z. B. Facebook-Pages, Blogs mit Kommentarseiten) zu moderieren. Dabei ist jeweils zwischen der Freiheit individueller Meinungsäußerung der NutzerInnen und der Verantwortung für das eigene Unternehmen bzw. die Organisation abzuwägen. Als Grundlage für den Diskurs sollte jedes Unternehmen praktikable Regeln für sich definieren und diese transparent machen, sodass Entscheidungen im Zuge der Moderation für die NutzerInnen nachvollziehbar sind.
Klare Regeln für MitarbeiterInnen stecken deren Bewegungsspielraum ab – es empfiehlt sich, diese als Orientierungshilfe schriftlich zu verankern (als Guidelines oder „Netiquette“) und Schulungen dazu anzubieten. Die MitarbeiterInnen haben das Recht, in sozialen Netzwerken zu kommunizieren und sich auch zu ihrer Arbeit bzw. ihrem Arbeitgeber zu äußern – solange sie keine vertraulichen Informationen preisgeben und/oder dem Unternehmen Schaden zufügen (auch hier gelten die Regelungen des Angestelltengesetzes). Gleichzeitig darf das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht eingeschränkt werden. Wesentlich ist dabei: Die MitarbeiterInnen sprechen über das Unternehmen und nicht für das Unternehmen. Im Sinne der Klarheit sollten MitarbeiterInnen gegenüber anderen NutzerInnen ihr Verhältnis zum Unternehmen offenlegen.
Die Möglichkeit, im Internet anonym zu kommunizieren, verleitet leicht dazu, Kommunikations- und Meinungsbildungsprozesse durch Verschleierung zu beeinflussen. KommunikatorInnen von Unternehmen oder Organisationen hingegen sollten im Sinne ihrer eigenen Glaubwürdigkeit mit „offenem Visier“ agieren und ausschließlich mit ihrer wahren Identität auftreten. Sie sprechen in ihrem eigenen Namen für ihr Unternehmen und machen ihre Rolle in ihrem Unternehmen/ihrer Organisation transparent. Zudem sollten sie die Motivation offenlegen, die die Triebfeder für den Auftritt des Unternehmens/der Organisation in sozialen Netzwerken ist.
Dialog im Internet erfolgt ohne Blickkontakt mit dem Gegenüber. Zudem bleiben die GesprächspartnerInnen oft anonym. Auch dadurch hat sich in den sozialen Netzwerken ein wenig formeller, verkürzender Umgangston mit ganz eigenen Begrifflichkeiten entwickelt. Vielfach verschwimmt die Grenze zur Unhöflichkeit. Gerade deshalb sollten TeilnehmerInnen immer Wert auf einen respektvollen, höflichen Umgang legen und in jenem Ton antworten, den sie selbst erwarten. Außerdem sollten sie Strategien entwickeln, wie sie mit der Unhöflichkeit anderer umgehen, ohne selbst den angemessenen Ton zu verlieren. Ein klar formuliertes Verständnis über den erwarteten Gesprächsstil (etwa in Form einer „Netiquette“) macht die Haltung für alle Beteiligten nachvollziehbar.
In den sozialen Netzwerken wird über Persönliches und Öffentliches gleichermaßen kommuniziert. Und es wird selten explizit deklariert, was „persönlich“ und was „öffentlich“ ist. Trotzdem ist der Unterschied meistens aus dem Inhalt oder dem Kontext des Dialogs erkennbar. Die KommunikatorInnen sollten diese Grenze respektieren und persönliche Kommunikation auch persönlich bzw. vertrauliche Kommunikation vertraulich sein lassen. In letzter Konsequenz trägt jedoch jeder und jede UserIn dafür die Verantwortung, wie sie die Privatsphäre schützt und welche Informationen im Internet bzw. in den Sozialen Medien zu finden sind.
Anhang 2: Strukturen, Prozesse und Instrumente
Neben diesem Kodex gibt es eine Reihe weiterer Instrumente und Prozesse zum Umgang mit ethischen Themen und Herausforderungen. Sie helfen dabei, den Kodex in den Alltag zu übersetzen und die Themen weg von der individuellen Ebene hin zu einem echten Ethik-Management zu bringen.
Nachstehend eine Auswahl möglicher Prozesse und Ethik-Instrumente, deren Reichweite teilweise weit über das Feld der Digitalen Kommunikation hinausgeht. Sie können je nach Unternehmensgröße, -branche und -situation angewendet und adaptiert werden.
Aktive Diskussion im Unternehmen über Ethik, Moral und Werte, über Grenzen und Dilemmata. Dieser Raum für ethische Reflexion sollte in jedem Unternehmen und in jeder Agentur vorhanden sein und gibt MitarbeiterInnen Halt und Orientierung.
Seminare und Workshops auf der Basis ethischer Fallstudienarbeit, die als fester Bestandteil der Personalentwicklung zur Sensibilisierung der Organisationsmitglieder und Stärkung ihrer ethischen Entscheidungskompetenz beitragen sollen.
Etablierung eines Procederes für schwierige Entscheidungen. Prozess in fünf Phasen: Problemidentifikation, Problembeurteilung, Schaffung und Beurteilung von Handlungsoptionen, Autorisierung und Umsetzung. Hilfreich ist dabei z.B. die Diskussion von Schlüsselfragen bei der Betrachtung ethischer Entscheidungsfindung (z.B. nach Crane/Matten).
Struktur und Umfang sind von der Größe und Art des Unternehmens abhängig. Kernaufgabe ist die Verankerung von Ethik-Management auf höchster Führungsebene. Als Forum für Verständigung bzw. Stabstelle der Führung hat sie die Aufgabe, einerseits die Lösung wichtiger Entscheidungen und Konflikte herbeizuführen bzw. den Boden und das Know-how dafür aufzubereiten, andererseits ist sie zur internen Weiterbildung von gesellschaftlich relevanten Themen verantwortlich.
Einrichtung eines Beirats mit externen Ethik-Experten zur Überwachung der Geschäftspolitik unter ethischen Gesichtspunkten und zur Unterstützung bei der Lösung insbesondere branchenspezifischer ethischer Konflikte und Dilemma-Situationen.
Durchführung von firmeninternen Gesprächsrunden oder regelmäßigen Round-Table-Diskussionen mit externen ExpertInnen, VertreterInnenn von Interessen-gruppen etc. über aktuelle oder unternehmenspezifische ethische Fragen.
Dialogische Kommunikation: z.B. Meetings, Coaching, Peer Education, Mentoring, Konferenzen, Open Space Methode, World Café Methode, Events, Hotlines, Training-Tools wie z.B. Assessments, Team-Building-Maßnahmen, Rollenspiele etc.
Einwegkommunikation: z.B. Mitarbeitermagazine, Intranet, Newsletter, Give Aways (z. B. Mousepads, Broschüren, Flyer, Poster, Filme), Social Web Tools wie Foren, Wikis, Communities, Q+As etc.
Den Ethik-Kodex konkretisierende Leitlinien zur Unterstützung der täglichen Entscheidungsfindung in den verschiedenen Managementbereichen (u.U. angereichert mit praktischen Fallbeispielen zur Veranschaulichung ethischer Konfliktsituationen).
Eine Person, in der Regel auf der Top-Führungsebene angesiedelt, die für das Management ethischer Fragen, für die Pflege eines Ethik-Programms etc. verantwortlich, aber auch Ansprechpartner für ethisch relevante Probleme ist.
Einrichtung einer internen oder externen Hotline als Anlaufstelle für ethisch relevante Fragen der Unternehmensmitglieder oder (vertrauliche) Informationen bezüglich ethischer Konfliktpotenziale des Unternehmens.
Berücksichtigung ethischer Aspekte bei Personalauswahl-Verfahren aller Art (Recruiting, Führungskräftenachwuchs, etc.), Integration entsprechender Kriterien in Assessment- und Personalentwicklungs-Programme.
Periodisch durchgeführter interner Revisionsprozess, der – wie andere Audit-Verfahren – im Sinne eines Soll-Ist-Abgleichs dazu dient, die Übereinstimmung organisationaler Prozesse und Strukturen, aber auch des individuellen Verhaltens der einzelnen Mitglieder mit den ethischen Selbstverpflichtungen des Unternehmens zu überprüfen.
Regelmäßige (360 Grad-)Befragung der verschiedenen Anspruchsgruppen des Unternehmens zur Bewertung seiner ethischen und sozialen Performance. Die Befragungs-Ergebnisse werden allen Stakeholdern gegenüber kommuniziert und veröffentlicht und haben doppelte Wirkung: Vertrauensförderung und Verbesserung.
(Quelle: Responsible Communication, Faber-Wiener, 2013, Springer Verlag)
Weitere Grundlagen für Ethik in der digitalen Kommunikation:
Prinzipien der Kommunikationsethik in Social Media (.pdf, 196 kb)
Influencer-Leitfaden (.pdf, 87 kb)
Content-Marketing-Kodex (.pdf, 303 kb)